Regionalverband Ostwürttemberg

Offener Brief zur Atommüll-Endlager Suche

02. August 2020

Offener Brief des BUND an die MdLs, MdB’s und Landräte im Ostalbkreis und Heidenheim

Offener Brief

an die MdLs, MdB’s und Landräte im Ostalbkreis und Heidenheim
Ihr Einsatz für eine faire Atommüll-Endlagersuche

 

Sehr geehrter Herr Grath,

sehr geehrter Herr Mack,

sehr geehrter Herr Storch,

sehr geehrte Frau Breymaier,

sehr geehrte Frau Stumpp,

sehr geehrter Herr Kiesewetter,

sehr geehrter Herr Landrat Pavel,

sehr geehrter Herr Landrat Polta,

 

nach dem beschlossenen endgültigen Aus für die Energiegewinnung aus Atomkraft hierzulande, suchen momentan Bundesbehörden nach einem möglichst sicheren Standort für den Atommüll für in Deutschland und das für die nächsten eine Million Jahre

 

Der BUND als Teil der Anti-AKW-Bewegung setzt sich bereits seit seiner Gründung gegen die gefährliche Atomkraft ein und mahnt, dass jedes Gramm Atommüll eines zu viel ist. Trotzdem stellen wir uns der Verantwortung und haben in der Atommüll-Kommission und auch darüber hinaus kritisch konstruktiv um eine Lösung gerungen.  Wir sind uns bewusst, dass der Müll irgendwo hin muss und standen, beziehungsweise stehen einer Endlagersuche unter bestimmten Bedingungen positiv gegenüber

 

Wir sind der Überzeugung, dass die Festlegung auf einen Standort nur gelingen kann, wenn der Weg dorthin vertrauenswürdig und nachvollziehbar gestaltet ist – und das schon von Beginn an. Nur so lassen sich Konflikte wie in Wyhl, Wackersdorf, Gorleben – aber auch um Stuttgart 21 – verhindern.

 

Die Grundlagen für den eine glaubwürdige Suche sind rechtzeitige und umfassende Transparenz gegenüber Politik und Gesellschaft, eine wirkliche „weiße Landkarte“ ohne Vorfestlegungen und vor allem eine sogenannte „Waffengleichheit“ durch Beteiligung auf Augenhöhe, Zugang zu allen Informationen und Daten sowie unabhängige Expertise ohne Zeitdruck. Gerade auch die Konflikte um Großprojekte, wie z.B. Stuttgart 21, zeigten und zeigen, dass nur eine offene Diskussion mit Offenlegung aller Fakten und Erkenntnisse für die Zivilgesellschaft eine Befriedung schafft. Ohne diese Grundvoraussetzung sind große Konflikte vorprogrammiert.

 

Am 30. September 2020 folgt mit der Veröffentlichung des Zwischenberichts Teilgebiete der nächste wichtige Schritt. Dann werden wir endgültig wissen, welche Regionen bundesweit für ein Atommüll-Endlager aus Sicht der Behörden infrage kommen. 80 bis 100 Regionen sollen im sogenannten Zwischenbericht Teilgebiete aufgeführt werden. Als mögliche Gesteinsformationen für die Endlagerung des Atommülls kommt neben Salz und Granit auch Ton prinzipiell infrage. Opalinustonschichten gibt es sowohl im Ostalbkreis wie auch in Heidenheim. Somit ist davon auszugehen, dass auch in unserem Raum nach einem Endlager gesucht werden wird.

 

Doch bisher läuft der Prozess weitestgehend im Verborgenen. Weder die angelegten Kriterien noch die vorhandenen Daten oder was die Bundesbehörden genau unter dem Begriff „Beteiligung“ verstehen, ist bisher geklärt.

 

Trotzdem soll schon am 17./18. Oktober 2020 der erste Termin der Fachkonferenz Teilgebiete in Kassel stattfinden, die eine Art von Beteiligung ermöglichen soll. Eine seriöse Beurteilung aller ausgewählter Regionen inklusive der geologischen Situation, der Datenqualität und den Auswahlkriterien ist bis dahin nicht möglich – zumal nicht alle Daten veröffentlicht werden sollen.

 

Somit stellen sich für uns die folgenden Fragen:

  • Warum ein derartiger Zeitdruck? Zwischen Veröffentlichung und erster Konferenz liegen gerade 2 Wochen.
  • Warum gibt es keine Fachkonferenz in Süddeutschland? Die vier Termine der Fachkonferenzkonferenz finden in Kassel, Darmstadt und Berlin statt.
  • Wie ist eine Teilnahme in Zeiten einer Pandemie zu gewährleisten? Und werden dadurch nicht viele Menschen ausgeschlossen?
  • Wie soll innerhalb von 2 Wochen qualifiziert zu einem derart komplexen und schwierigen Thema eine Position erarbeitet werden und noch dazu, wenn nicht alle Daten offengelegt werden?
  • Warum gibt es keine finanziellen Mittel für die kritische Zivilgesellschaft, um beispielsweise unabhängige Gutachter*innen zu bezahlen und so eine fachliche Auseinandersetzung auf Augenhöhe zu ermöglichen?
  • Kann unter diesem Zeitdruck und ohne ausreichende Datenbasis sowie unter erschwerten Bedingungen ein gesellschaftlicher Konsens überhaupt herbeigeführt werden?

 

Wir bitten Sie daher, dass Sie über Ihre politischen Kanäle versuchen, die Konferenzen zu verschieben und die Konferenzen in den betroffenen Gebieten (Süd- Mittel- und Norddeutschland) mit einer breiten Beteiligung der Verwaltungen, Politik und Zivilgesellschaft durchzuführen. Des Weiteren sehen wir keine Augenhöhe gewährleistet, wenn nicht alle Daten zur Verfügung gestellt werden, Expert*innen vom Staat bezahlt werden und genügend Zeit zur Prüfung der Daten gegeben wird.

 

Wenn das alles nicht gegeben ist, kann die Suche nach einem Atommüll-Endlager nicht gelingen! Unter diesen Voraussetzungen wird es noch einmal deutlich schwieriger in den betroffenen Regionen ohne große und schwerwiegende Proteste ein Atommüllendlager auch nur annähernd zu finden. Schon der Start zur Suche des Endlagers ist durch die jetzt vorgegebenen Zeitpläne und nicht vollständigen Informationen vergiftet.

 

Übernehmen Sie Verantwortung für unsere Region und tragen Sie dazu bei, ein faires Verfahren zur Atommüll-Endlagersuche zu gewährleisten. Setzen Sie sich dafür ein, dass das gesetzlich versprochene „partizipative, wissenschaftsbasierte, transparente, selbsthinterfragende und lernende Verfahren“ (StandAG §1(2)) auch umgesetzt wird!

 

Herzlichen Dank für Ihren Einsatz!

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

Werner Gottstein

BUND Regionalvorsitzender Ostwürttemberg und

Mitglied im BUND Bundesarbeitskreis Atom  

 

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